Durch Mitarbeiterentwicklung die Innovationskraft in KMU steigern
25. Juli 2020
KMU haben aufgrund ihrer begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen oftmals Schwierigkeiten, Fachkräfte in wissensintensiven Tätigkeiten und Schlüssel-Funktionen zu halten oder zu gewinnen. Wissensbasierte Innovationen, wie z.B. die Digitalisierung, können so schwerer aus dem Unternehmen erfolgen und aus eigener Kraft kaum echte Wettbewerbsvorteile generiert werden. Sofern die Alternative der externen Kooperation für KMU nicht infrage kommt, ist es sinnvoll, in die lebenslange Weiterbildung bzw. Qualifizierung und die Mitarbeiterbindung zu investieren.
Ein Blick in die KMU-Praxis
Lebenslanges Lernen ist für viele KMU noch Neuland. Beim genaueren Hinsehen gibt es gute Beispiele, bei denen die Verantwortlichen durch eine gelebte Mitarbeiterorientierung Raum und Möglichkeiten für die kontinuierliche persönliche und fachliche Entwicklung bieten. Zwei Beispiele:
1. Das Unternehmen Gemeinhardt Gerüstbau Services
Rund 150.000 Euro investiert Gemeinhardt jährlich in die Weiterbildung der 42 Mitarbeiter. Das begründet die Geschäftsführung so: „Wir benötigen hochqualifizierte Mitarbeiter, um uns durch Arbeitsqualität vom Wettbewerb abzusetzen.“ Gemeinhardt setzt nicht nur auf die technische Bildung seiner Handwerker: Viermal im Jahr absolvieren alle Führungskräfte ein Kommunikationstraining. So funktionieren nicht nur die Teams besser, sondern auch die Zusammenarbeit mit den Partnerunternehmen auf der Baustelle und die Verhandlungen mit den Kunden.
2. Der schwäbische IT-Dienstleister Easysoft
Mindestens zwei Tage pro Jahr und Mitarbeiter investiert das Unternehmen für externe Weiterbildung. „Wir leben unseren Unternehmenswert Wachstum und Entwicklung“, so die Geschäftsführung. Nicht nur das Unternehmen soll wachsen, sondern auch die Mitarbeiter – und zwar fachlich wie persönlich. Wer von seiner Weiterbildung zurückkommt, macht anschließend eine kurze Präsentation des Seminars oder der Tagung. So vertieft der Teilnehmer zum einen nochmals die Inhalte und zum anderen profitiert sein gesamtes Team.
Was sind die Herausforderungen für KMU?
Warum es noch viele Unternehmen gibt, die ihre Weichen noch nicht auf die kontinuierliche Mitarbeiterentwicklung gestellt haben, kann viele Ursachen haben:
1. Es ist im Unternehmen unklar, wer sich darum kümmern soll. Ist es die Führungskraft, die im Gespräch auf Defizite oder fehlende Lernmotivation hinweisen soll? Oder wird vom Mitarbeiter erwartet seine Vorstellungen zur eigenen Entwicklung selbst zu artikulieren (das Prinzip des Selbstentwicklers). Oftmals fehlt eine entsprechende Unterstützung durch die HR-Funktion.
2. Führungskräfte sind ausschließlich auf die Ergebnisse fokussiert und die Arbeitskultur kommt zu kurz. Die fachliche und persönliche Entwicklung der Mitarbeiter ist nicht im Führungsalltag integriert. Die Mitarbeiterorientierung kommt zu kurz.
3. Es fehlt schlicht am betrieblichen Angebot, an finanziellen Ressourcen und Kenntnis über günstige Alternativen, wie z.B. Online-Lernangebote oder Lernkooperationen mit anderen Unternehmen. Der mögliche Wettbewerbsvorteil wird nicht erkannt.
4. Es ist nicht genau klar, welches Verhalten vom Mitarbeiter in seiner Rolle erwartet wird und welche Anforderungen sich daraus an die Kompetenzentwicklung ableiten lassen.
5. Der Fokus liegt einseitig auf der fachlichen Weiterbildung. Damit wird zwar neues Wissen generiert, aber die fachübergreifende Kompetenz-Entwicklung (wie z.B. Kommunikation oder Teamfähigkeit) vernachlässigt. Die Arbeitskultur entwickelt sich nicht weiter.
6. Die eigene HR-Funktion ist zu sehr auf die Verwaltung der Mitarbeiter fokussiert. Die Weiterbildung
ist dann Chefsache und steht somit in Konkurrenz zu den täglichen unternehmerischen Herausforderungen.
7. Die Arbeits- oder Unternehmenskultur ist zu wenig attraktiv. Spezialisten verlassen trotz fachlicher Weiterbildung das Unternehmen, weil ihre Karriereerwartungen vielleicht woanders besser erfüllt werden. Das lässt den Eindruck erwecken, man bildet für den Markt aus und hemmt die Bereitschaft für entsprechende Investitionen.
Was tun?
Die Frage, wie nun lebenslanges Lernen und eine verbesserte interne Innovationsfähigkeit in KMU umgesetzt werden kann, ist schwerlich ohne Kenntnis des jeweiligen Unternehmens zielgerichtet zu beantworten. Daher erhalten Sie, liebe Newsletter-Leser an dieser Stelle eher grundlegende Empfehlungen:
- Überprüfen Sie Ihre strategische Ausrichtung dahingehend, welche Aufmerksamkeit Sie der Mitarbeiterentwicklung (und vielleicht auch der Unternehmenskultur-Entwicklung) zukünftig einräumen wollen.
- Eine Mitarbeiterbefragung kann darüber Aufschluss geben, welche bisher nicht erfüllten Erwartungen die Mitarbeiter an ihren Arbeitgeber haben.
- Überlassen Sie Innovationen nicht dem Zufall. Welche Maßnahmen können helfen, die Anzahl der Vorschläge durch ihre Mitarbeiter mehr als zu verdoppeln.
- Verbessern Sie Ihre interne Kommunikation. Binden Sie Ihre Mitarbeiter häufiger auch zu den Themen des Unternehmens von morgen und laden Sie zum Mitdenken und Mitmachen ein.
- Sofern eine Mitbestimmung existiert, kann eine gemeinsame Auftakt-Veranstaltung von Geschäftsführung, Betriebsrat und der HR-Funktion weichenstellend sein: wie wollen wir uns dazu positionieren? Das kann der Auftakt zu einem neuen Leitbild sein.
- Ein weiterer Weg kann die Professionalisierung und Vernetzung der HR-Funktion sein um die passenden Konzepte in den eigenen Reihen zu entwickeln.
- Leben Sie vor, was Sie von Ihren Führungskräften erwarten. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und zeigen Sie, wie wichtig Ihre eigene Weiterentwicklung für den Unternehmenserfolg ist.
Fazit
Die Bindung von Schlüsselkräften hat für Innovationen absoluten Vorrang. Ebenso kann eine Kultur der Wertschätzung durch Mitarbeiterorientierung Identität, Motivation und Engagement stärken, was sich ebenfalls auf die Innovationskraft auswirkt. Dabei spielt lebenslanges Lernen eine wichtige Rolle, welches in den Unternehmensalltag zu integrieren wäre. Der materielle und der immaterielle Gewinn dürften weitaus höher sein, als die dazu getätigten Aufwände und Investitionen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
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