Was tun gegen den Fachkräfte-Engpass?

27. Februar 2020

KMU stehen im starken Wettbewerb um Fachkräfte. In den Engpass-Berufen können sich die Fachkräfte ihren Arbeitgeber aussuchen.

Ein großer Teil des Arbeitsmarktes ist zu einem Bewerbermarkt geworden, in dem sich die Bewerber zunehmend den attraktivsten Arbeitgeber aussuchen können. Wo Fachkräftemangel droht, ist es besonders wichtig ein attraktiver Arbeitgeber zu sein.

Die am stärksten betroffenen Engpass-Berufsgruppen sind:

  • Handwerk
  • IT-Akademiker
  • Metall und Elektroberufe
  • Gesundheit und Pflege

 

Vor allem kleine Unternehmen sind betroffen, da die Fähigkeiten für eine wirkungsvolle Positionierung der eigenen Arbeitgebermarke oftmals begrenzt sind. Manchmal fehlt auch das Bewusstsein dafür und so finden Bewerber keine Informationen über den potenziellen Arbeitgeber auf der elektronischen Visitenkarte. Und wenn es ganz schlecht läuft, finden sich auf Kununu auch noch negative Bewertungen von Ex-Mitarbeitern oder Bewerbern, die unkommentiert geblieben sind.

Die häufigsten Fehler, die KMU als „unattraktive“ Arbeitgeber erscheinen lassen:

Fehlende Darstellung der Arbeitgebermarke

Auf der Homepage des Unternehmens fehlen Informationen über die eigenen Stärken und wie es sich anfühlt, Teil des Teams zu sein. Bietet das Unternehmen moderne Arbeitsplätze? Unterstützt das Unternehmen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Wie ist das Verständnis von Mitarbeiterentwicklung? Was sind die Vorteile bei diesem Arbeitgeber? Wie ist die Unternehmenskultur? Wird ein realistischer und lebendiger Einblick in das Unternehmen geboten?

Inhaltslose Versprechen in den Stellenanzeigen

Wenn die Karriereseiten fehlen, werden oftmals Formulierungen in Stellenanzeigen als Ersatz genutzt, um sich als Arbeitgeber zu positionieren. Ein anderer Experte sagte einmal „Nirgends wird so viel gelogen, wie in Stellenanzeigen!“. Was bedeutet es, wenn von „flachen Hierarchien“ die Rede ist? Eine flache Hierarchie ist noch keine Aussage, wie die Beziehung zum Chef wirklich ist. Was bedeutet es, wenn es sich um einen „familiengeführten Betrieb“ handelt? Sind Inhaber-geführte Betriebe besonders gut in der Gestaltung der Arbeitsumgebung, oder ist das eine vorweg genommene Erklärung, wer das Sagen hat? In manchen Stellenanzeigen wird das „Mitarbeiter-Jahresgespräch“ als Grundlage für die Mitarbeiterentwicklung positioniert. Moderne Führung sieht anders aus.

Fehlende Darstellung des Unternehmens

Galt früher noch die Jobsicherheit als entscheidendes Merkmal, so orientieren sich nachwachsende Generationen heutzutage zunehmend an den Arbeitsinhalten. Ist das Unternehmensziel attraktiv? Qualifizierte Bewerber legen Wert darauf, dass ihre Arbeit einen Sinn ergibt und sie sich damit identifizieren und auch stolz darauf sein können. Im besten Fall werden dadurch die Mitarbeiter mehr als durch manche Benefits an das Unternehmen gebunden und werben sogar für die Produkte und den Arbeitgeber in ihrem Freundeskreis.

Fehlende Reichweite für potenziellen Bewerber

Über welche Kanäle erreiche ich meine Zielgruppe? Ist XING die richtige Plattform? Wenn ja, warum ist der Personalverantwortliche dort nicht zu finden und das Unternehmen nicht dargestellt? Kann man sich auf Youtube mit gut gemachten Videos über das Unternehmen und seine Produkte informieren? Oder ist Facebook das richtige Medium? Nicht zu vernachlässigen sind die regionalen Stellenbörsen und Kontakte in die berufsbildenden Schulen oder Hochschulen. Ein gesponsertes Praktikum oder eine unterstützte Abschlussarbeit sind hilfreich, sich zu beschnuppern.

So profitieren KMU von einer starken Arbeitgebermarke

Eine gut gemachte realistische Darstellung der Arbeitgebermarke nach außen kann folgende Vorteile generieren:

Mehr Bewerber

Als attraktiver Arbeitgeber mit gut dargestellten Arbeitgebereigenschaften erhalten die Unternehmen mehr und passgenauere Bewerbungen. Sie haben eine größere Auswahl, um den geeigneten Kanditen zu finden. Personalengpässe werden weniger.

Bessere Unternehmenskultur

Die Mitarbeiter identifizieren sich stärker mit „ihrem“ Unternehmen. Sie sind stärker an das Unternehmen gebunden, sind motivierter und empfehlen das Unternehmen weiter. Die Produktivität steigt.

Besseres Unternehmensimage

Eine bessere Darstellung des Arbeitgebers vermittelt zugleich auch ein besseres Image als Unternehmen. Das wird auch von Kunden so wahrgenommen und dürfte sich positiv auf die Ergebnisse auswirken. Die Marktpräsenz wird erhöht.

Wie kann ein KMU vorgehen?

Den einen Ansatz, der für alle Unternehmen passt, gibt es nicht. Das Vorgehen ist von KMU zu KMU unterschiedlich. An dieser Stelle empfehle ich eine Reihe von Maßnahmen, die insgesamt zur Bildung einer attraktiven Arbeitgebermarke und zur wirksamen Beseitigung des Fachkräfteengpasses führen können. Das Vorgehen ist von innen nach außen:

1. Benennen Sie einen Verantwortlichen

Damit adressiere ich das häufigste Problem in KMU: es gibt keine HR-Funktion, die sich diesem Thema widmen könnte oder es fehlt an entsprechenden Kompetenzen. Eine auf reine Administration ausgerichtete HR-Funktion wird mit einem solchen Thema bzw. Projekt überfordert sein. Es kann zweckmäßig sein, sich hierfür Unterstützung in Form von Fachkenntnis und Ressource zu holen.

2. Nehmen Sie die Mitarbeiter mit

Eine nach außen kommunizierte Arbeitgebermarke braucht zunächst eine nach innen gerichtete stabile, attraktive und authentische Arbeitskultur. Beteiligen Sie die Mitarbeiter an der Analyse und Entwicklung der Werte, der identitätsstiftenden Merkmale, der Spielregeln und der Kernbotschaften. Schaffen Sie Glaubwürdigkeit und nicht Hochglanz-Broschüren. Kommunizieren Sie nur das, was Sie halten können.

3. Sorgen Sie für eine wirksame Führungskultur

Es sind die Führungskräfte, die die Unternehmenskultur beeinflussen. Die Führungskräfte müssen daher besonders befähigt werden, um die Arbeitgebermarke positiv zu leben. Was nicht gelebt wird, ist tot. Ebenso sollten die Führungskräfte in der Lage sein, auf die Frage des Bewerbers „Warum sollte ich für Ihr Unternehmen oder Ihr Team arbeiten?“ eine gute Antwort zu geben.

4. Kennen Sie Ihre Zielgruppe

Analysieren Sie zunächst Ihre Zielgruppe: welches Profil hat der optimale Bewerber? Welche Anforderungen oder Wünsche formuliert er an das Unternehmen? Passen die Kriterien oder gibt es blinde Flecken im Unternehmen, die erst bearbeitet werden müssen?

5. Erreichen Sie Ihre Zielgruppe

Für die Gewinnung von neuen Fachkräften sind viele Kanäle denkbar: die eigenen Mitarbeiter empfehlen das Unternehmen, ebenso ehemalige Mitarbeiter, Karriere-Web-Seiten, Kontakte zu Schulen und Hochschulen, Berufsverbände, allgemeine Pressearbeit, Werbung, Nutzung der sozialen Medien und die unterschiedlichen Stellenbörsen, Messen, Tage der offenen Tür, Wettbewerbe, soziales Engagement in der Region.

6. Pflegen Sie Ihre Karriere-Web-Seite

Der Stellenwert von HR-Arbeit bzw. Personalführung wird am besten über aktuelle, professionelle und aussagekräftige Karriere-Seiten im Internet transportiert. Dabei helfen Videos über die zu besetzenden Stellen und Videos von echten Mitarbeitern als Markenbotschafter.

7. Der Rekrutierungsprozess als Aushängeschild

Sorgen Sie für einen guten und schnellen Rekrutierungsprozess. Im Prozess prüfen Unternehmen und Bewerber, ob sie zusammenpassen. Nehmen Sie sich die Zeit, die der Prozess benötigt. Hinterfragen Sie auch, woran es lag, dass der Wunschkandidat abgesagt hat. Holen Sie sich Feedback ein und lernen Sie besser zu werden.

Und noch ein abschließender Hinweis

Das zentrale Element zur Stärkung der Arbeitgebermarke ist Kommunikation. Kommunikation nach innen und Kommunikation nach außen. Insofern lohnt es sich generell, die Kommunikations-Aktivitäten des Unternehmens einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen, denn auch KMU haben für Fachkräfte in den Engpass-Berufen viel zu bieten. Tue Gutes und sprich darüber.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.

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