Jahresgespräche? Ja bitte – aber richtig!

18. Oktober 2022

Mitarbeitergespräche zum Jahresende sind für die Einen eine Pflichtübung und für die Anderen ein wirksames Führungsinstrument, welches Nutzen sowohl für den Mitarbeitenden als auch für die Führungskraft stiftet. Jahresgespräche werden zur Bewertung der Leistung des Mitarbeitenden herangezogen und nicht selten sind sie mit Bonuszahlungen gekoppelt. Das kann manchmal für beide Seiten frustrierend sein und verfehlt damit die eigentliche Zielsetzung des Feedbacks, nämlich der Wertschätzung, der Entwicklung sowie der Motivation und Bindung. Da spielen dann auch die ausgefeiltesten Bewertungsformulare oder Tools nur eine untergeordnete Rolle.

Wie Sie die Chancen, die in diesem Instrument stecken, richtig nutzen, beleuchte ich in diesem Wissensbeitrag.

Welcher Zweck steckt hinter dem Jahresgespräch?

Jahresgespräche sind ein wichtiges Führungsinstrument. Sie verfolgen meistens mehrere Ziele:

1. Aus Sicht des Unternehmens:

  • Zusammenfassung der Leistung und der Ergebnisse anhand vorab vereinbarter Ziele in einem bestimmten Betrachtungszeitraum
  • Bewertung von Leistung zwecks Kopplung mit Bonuszahlungen
  • Entwicklung und Förderung der Mitarbeitenden
  • Bindung und Motivation von Leistungsträgern
  • Verbesserung der Zusammenarbeit, Stärkung der Beziehung
  • Zielvereinbarung für die kommende Periode
  • Aufgreifen von Ideen und Kritik

 

2. Aus Sicht des Mitarbeitenden:

  • Anerkennung und Wertschätzung
  • Feedback zu meiner Person, wie werde ich gesehen?
  • Orientierung, was kommt auf mich zu?
  • Wohin entwickelt sich das Unternehmen?
  • Entwicklung des Gehalts
  • Förderung der Weiterentwicklung bzw. der Karriere
  • Stärkung des Vertrauens

 

Die Erwartungen an solche Gespräche sind vielfältig. Klären Sie die Erwartungshaltung vorab. Überwelche Themen wollen Sie als Führungskraft sprechen und welche Themen möchte der Mitarbeitende besprechen.

Worin bestehen die Schwierigkeiten hierbei?

1. Wenn sich Führungskräfte viel zu selten in persönlichen 1:1-Gesprächen mit ihren Mitarbeitenden austauschen, dann kann das Feedback zu zurückliegenden kritischen Ergebnissen und Vorfällen schwierig werden, weil es nicht zeitnah besprochen wurde und somit nicht mehr hilfreich ist.

2. Zu viel auf einmal. Ein Jahresgespräch, in dem die Leistung bewertet und die Entwicklung besprochen wird, Ziele für die Zukunft vereinbart werden sowie noch das „schwierige“ Thema Gehalt abgearbeitet wird (in möglichst nicht mehr als 60 Minuten) sind völlig überfrachtet und überfordern Führungskraft und Mitarbeiter zugleich.

3. Zu wenig Substanz. Führungskräfte sind vielbeschäftigt und nicht selten gehen wichtige Aspekte im Führungsalltag unter. Was ist aus der Weiterbildung von vor 7 Monaten geworden? Wie ist die Sonderaufgabe oder das Projekt bearbeitet worden? Welche Rückmeldungen liegen von benachbarten Abteilungen vor? Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Team? Führungskräfte sind gut beraten, sich unterjährig Notizen zum Mitarbeiter anzufertigen.

4. Schlechte Vorbereitung bzw. Organisation. Insbesondere stark in das operative Business eingebundene Führungskräfte schieben gerne solche „Pflichttermine“. Finden die Gespräche dann endlich statt, sind die Rahmenbedingungen meistens auch noch ungünstig. Zu wenig Zeit für Tiefgang, zu wenig Konzentration und Störungen werden hingenommen.

5. Unklare Verantwortlichkeiten. Führungskräfte, die Jahresgespräche führen werden oftmals auch als „Disziplinarkräfte“ bezeichnet. Ihnen wird die Fähigkeit zur Mitarbeiterführung zugerechnet. Nun gibt es oftmals auch Konstellationen, in dem ein Teamleiter oder Meister, ein Vorarbeiter oder Projektleiter ebenfalls eine Rolle spielt. In der agilen Welt sind es die Product-Owner. Nennen wir sie einfach Fachvorgesetze. Diese können insbesondere zum Leistungsverhalten und zu den Ergebnissen wichtige Beiträge liefern, wenn sie denn einbezogen werden. Das benötigt allerdings Zeit und Vorbereitung.

Meine Tipps für gelungene Jahresgespräche

Tipp 1: Klären Sie die Erwartungshaltung vorab. Über welche Themen wollen Sie als Führungskraft sprechen und welche Themen möchte der Mitarbeitende besprechen.

Tipp 2: Führen Sie auch unterjährig mindestens alle 4 Wochen persönliche 1:1-Gespräche.

Tipp 3: Machen Sie sich Notizen, damit Sie Substanz für Ihre Zusammenfassung haben.

Tipp 4: Nutzen Sie auch die Rückmeldung bzw. die Sichtweise der Fachvorgesetzten.

Tipp 5: Teilen Sie die Inhalte auf und vermeiden Sie so einen Mix an Zielsetzungen. Führen Sie mehrere Gespräche und machen Sie die jeweilige Zielsetzung bereits bei der Einladung deutlich.

a) Rückschau und Bewertung
b) Ausblick, Zielvereinbarung und Förderung
c) unbedingt separieren: das Gehaltsgespräch.

Tipp 6: Nehmen Sie sich ausreichend Zeit. Schaffen Sie eine gute Gesprächsatmosphäre und vermeiden Sie Störungen.

Tipp 7: Bei kritischen Inhalten ist eine sehr gute Vorbereitung unabdingbar.

Tipp 8: Sofern eine weitere Person am Gespräch teilnimmt, sorgen Sie vorab für Transparenz und stimmen die Spielregeln für das 3er-Gespräch vorher oder zu Beginn ab.

Tipp 9: Vermeiden Sie unnötige Risiken. Lassen Sie sich schulen oder coachen, wenn Sie neu in der Führungsrolle sind.

Tipp 10: Und abschließend: holen Sie sich Feedback vom Mitarbeitenden ein. Wie war das Gespräch? Was können wir verbessern?

Fazit

Mitarbeitergespräche sind ein MUSS! Je besser sie funktionieren umso besser wird die Führungswirkung, die damit erzielt werden soll. Führungskräfte sind gut beraten, wenn sie das Instrument richtig einsetzen und sich nicht scheuen, sich darin auch weiter zu entwickeln. Die Effekte guter Führungsarbeit sind gewaltig:

  • Zufriedene Mitarbeiter, die motiviert sind
  • Ein gutes Arbeitsklima schafft Committment zum Unternehmen
  • Talente werden wertgeschätzt und gebunden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen nun viel Erfolg bei Ihren anstehenden Jahresgesprächen.

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