KMU und New Work?

9. September 2022

Mit dem Begriff New Work verbindet so mancher Entscheider Spielwiese, Chaos und Kontrollverlust. Zu Recht? Was hat es mit New Work in KMU auf sich? Welche Aspekte können sowohl in der Unternehmenskultur den Mitarbeitenden aber auch den betriebswirtschaftlichen Interessen in KMU entgegenkommen?

Was ist New Work?

Stark komprimiert sind es diese Aspekte:

1. Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort – die Mitarbeitenden entscheiden selbst wann sie von zuhause arbeiten und wann sie besser im Büro oder in Kollaborationsräumen wirksam werden können, hierbei spielt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine große Rolle, braucht aber klare Spielregeln

2. Menschenzentrierung – es geht um die Motivation, je besser die Aufgaben und Herausforderungen zum Mitarbeitenden passen umso besser wird das Ergebnis sein, zugleich wird damit Selbstverwirklichung und lebenslanges Lernen verknüpft

3. Einbindung agiler Arbeitsmethoden – mit einem Methodenmix auf die immer unstetiger werdenden Rahmenbedingungen flexibel zu reagieren und trotzdem die Kundenanforderungen, den Markt und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren

4. Digitalisierung – neben den technischen Lösungsansätzen in nahezu allen Unternehmensbereichen geht es darum den Beschäftigten die Chancen der Digitalisierung aufzuzeigen und auch dadurch die Veränderungsbereitschaft zu stärken

5. Selbstorganisation – die Fähigkeit die für die jeweilige Situation passende Form der Kooperation im Unternehmen durch die Teams selbst und immer wieder neu zu erarbeiten, hierbei geht es um Identität, Führung, Entscheidungen u.a. Aspekte
Auf eine weitere Differenzierung wird an dieser Stelle bewußt verzichtet. Zur Vertiefung verweise ich auf die Links.

Welche Herausforderungen sind durch das KMU zu bewältigen und welche Lösungsansätze könnten sinnvoll sein?

Zu 1. Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort

Führung von hybriden Teams ist ein eigenes Thema. Hier geht um die vermeintliche Ungleichbehandlung. Mitarbeitende empfinden es als Nachteil, wenn sie nicht am Konzept der flexiblen Arbeitszeiten und Arbeitsorte teilnehmen können. Diese Auseinandersetzung scheuen manche Entscheider und verzichten daher ganz auf die Umsetzung von Homeoffice, auch bei dafür geeigneten Arbeitsplätzen. Alternativ wäre die Frage zuzulassen: wie können wir als Unternehmen die Attraktivität deines Arbeitsplatzes/deiner Aufgabe auch ohne Homeoffice steigern? Schaffen Sie passende Alternativen, die von den Mitarbeitenden als attraktiv gesehen werden, z.B.:

  • Flexibilität, z.B. Schichteinteilung
  • Abwechslung in der Produktion
  • Stärkung der Eigenverantwortung
  • Förderung und Weiterentwicklung
  • Weitere Ausgestaltung von Benefits
  • Usw.

 

Zu 2. Menschenzentrierung

Familiengeführte KMU haben vom Selbstverständnis meistens eine sehr mitarbeiterorientierte Arbeitskultur. Doch es gibt auch die anderen KMU, in denen der/die Mitarbeitende noch immer als Ressource gesehen und auch so gemanagt wird. In dem Moment in dem die Führungskräfte die Menschen mit all ihren Fähigkeiten, Wünschen und Bedürfnissen individuell gerecht werden, werden sie Motivation und Engagement ernten.
Die Herausforderung ist, dass es häufig an entsprechend entwickelten Führungskompetenzen mangelt und Investitionen in die Qualifizierung gar nicht oder erst nach Jahren erfolgen. Die systematische Entwicklung der Führungskräfte/Leadership ist das A und O hierbei. Dabei spielen Vertrauen und Sinnstiftung eine große Rolle.

Zu 3. Einbindung agiler Arbeitsmethoden

Wer agile Methoden einsetzen will, muss in die Fähigkeiten der Mitarbeitenden investieren. Scrum, Design Thinking und Kanban, um hier einige zu nennen, sind prima Werkzeuge um Entwicklungsteams effektiver und Komplexität beherrschbarer zu machen. Allerdings behindern starre Systeme, das Festhalten an alten Genehmigungsstrukturen mit zähen Entscheidungsprozeduren bei gleichzeitig zu geringer Autonomie und fehlendes Empowerment nachgeordneter Bereiche, die Wirkung von agilen Methoden. Damit agile Methoden greifen können, ist ein umfassender Changeprozess und nicht nur eine Scrum-Schulung o.ä. erforderlich.

Zu 4. Digitalisierung

Es geht nicht nur um Erleichterungen durch virtuelles Arbeiten und digitale Kollaboration. Manche sehen in der Digitalisierung die Vernichtung von Arbeitsplätzen oder haben Angst davor, bei den neuen digitalen Verfahren nicht mehr mithalten zu können. Fehlende Klarheit und fehlende Transparenz beflügeln solche Ängste. Befähigen Sie Ihr Unternehmen dazu, mit diesem Thema professionell umzugehen. Entwickeln Sie einen Plan, binden Sie die Mitarbeitenden ein, qualifizieren Sie und kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren Sie. Gestalten Sie einen beteiligungsorientierten Veränderungsprozess.

Zu 5. Selbstorganisation

Wenn die Selbstorganisation lediglich die Aufteilung der Arbeit im Team beinhaltet, dann sprechen wir nicht von New Work. Zum Bestandteil von New Work wird es, wenn sich die Teammitglieder selbst ihre Arbeitsinhalte bei weitgehender Autonomie definieren, bei Personalmaßnahmen mit entscheiden – auch bei Gehaltsfragen, sich gegenseitig Feedback geben und gemeinsam auch andere Führungsfragen selbst klären. Diese Art von neuem Arbeiten erfordert einen hohen Reifegrad bei allen Beteiligten. Das ist insbesondere in KMU ein Thema, hier dominiert die fachliche Kompetenz. Ohne Investition in die weichen Faktoren und ohne ein starkes Committment von oben werden sich selbst organisierende Teams scheitern. Es wird also auf das Maß an gewollter Selbstorganisation ankommen.

Fazit

Der Wandel der Arbeitswelt läuft bereits auf Hochtouren. New Work ist nicht nur in den Dax-Unternehmen sondern auch bei den KMU angekommen. Allerdings ist New Work aus meiner Sicht als Projekt einfach zu groß, als dass es ganzheitlich betrachtet und implementiert werden könnte. Viele Elemente sind bereits in KMU etabliert oder können mit vertretbarem Aufwand erfolgreich implementiert oder weiterentwickelt werden und so zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Andere benötigen die passenden Rahmenbedingungen und erfordern größere Veränderungen des Betriebssystems, wie ich es gerne nenne. Insofern möchte ich an dieser Stelle auf meinen Beitrag Zukunftsfähigkeit durch moderne Arbeitskultur verweisen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Change-Projekt.

Hier können Sie diesen Wissensbeitrag als PDF herunterladen.