Personalentwicklung ohne Ziel ist Verschwendung

12. August 2019

Personalentwicklung ohne Ziel ist Verschwendung

So sieht es in vielen Unternehmen aus: im Mitarbeiter-Jahresgespräch sollen die Weiterbildungsmaßnahmen, die für den Mitarbeiter vorgesehen sind, im Teil 3 des Gesprächsbogens erfasst werden. Die zentrale Personalentwicklungsfunktion (kurz: PE) wertet alle Gesprächsbögen im Teil 3 anschließend aus und bemüht sich dann darum, diese Wünsche im Laufe des Jahres durch zentral organisierte Trainings zu erfüllen oder Einzelplätze bei externen Veranstaltern zu buchen. Ein Review der vorgesehenen Weiterbildungen findet dann im nächsten Jahresgespräch statt. So kann man Personalentwicklung auch verstehen und umsetzen. Die Wirkung ist allerdings fraglich.

Schauen wir uns das genauer an.

Das Jahresgespräch als zusammenfassende Klammer ist prinzipiell ein gutes Führungsinstrument, wenn es richtig eingesetzt wird. In unserem Beispiel scheint der Begriff der Personalentwicklung rein auf die Weiterbildungsmaßnahmen off-the-job reduziert zu sein. Der Nutzen für die Führungskraft und die zentrale PE liegt auf der Hand: einmal im Jahr werden alle Weiterbildungswünsche systematisch erfasst und abgearbeitet, sofern es das Budget zulässt. Für die effiziente Administration von Weiterbildungen sicher ein zweckmäßiges Vorgehen.

Allerdings wird bei diesem Vorgehen nicht klar, was davon dient dem notwendigen Kompetenzaufbau in der aktuellen Rolle oder für zukünftige Aufgaben und hat Priorität, was davon ist mitarbeitergetrieben und folgt vielleicht keinem Business-Ziel. Was ist nice-to-have? Gibt es einen Entwicklungsplan, der definiert, wie die externe Trainingsmaßnahme die Weiterentwicklung des Mitarbeiters entlang der Business-Anforderungen unterstützen soll? Welchem Entwicklungsziel dient die Weiterbildungsmaßnahme? Was hat Priorität, der Aufbau vom Fach- und Methodenkompetenz, soziale Kompetenzen, Leadership- oder Business-Kompetenz?

Entwicklung berücksichtigt die Anforderungen der Zukunft

Für viele Führungskräfte ist die Eigeninitiative des Mitarbeiters in Fragen der eigenen Weiterbildung meistens willkommen. Müssen sie dann zum schwierigen Jahresgespräch zu „was war gut und was kann verbessert werden?“ nicht noch sinnvolle Maßnahmen selbst identifizieren und den Mitarbeiter zur Teilnahme motivieren. In vielen Unternehmen kann sich der Mitarbeiter 1 Seminar pro Jahr aus dem internen Trainingskatalog auswählen. Wie schön! Auch hier reduziert sich die Entwicklung des Mitarbeiters rein auf den Anteil Training off-the-job und bedeutet Verschwendung von Ressourcen. Besser und sinnvoller wäre es, sich zunächst über die Entwicklungsziele zu verständigen. Was wird sich im Business ändern? Welche Anforderungen oder organisatorischen Veränderungen gilt es zukünftig zu meistern (strategische Ausrichtung)? Welche zusätzlichen Fähigkeiten würden zur Verbesserung des Ergebnisses des Mitarbeiters oder des Teams beitragen? Welche zusätzlichen Fähigkeiten wären für den nächsten Karriereschritt für den Mitarbeiter und das Unternehmen sinnvoll (sofern das Potenzial dafür gegeben ist)?

Entwicklung ist mehr als nur Weiterbildung

Bei diesem Vorgehen wird klar, dass sich die Weiterentwicklung nicht auf Weiterbildungsmaßnahmen reduzieren lässt. Wenn man berücksichtigt, dass der Anteil der off-the-job-Maßnahmen durchschnittlich nur ca. 5 % der wirksamen Entwicklungsmaßnahmen ausmacht, wird erkennbar, dass es für die systematische Personalentwicklung mehr braucht, als die Erfassung von Weiterbildungsmaßnahmen im Teil 3 des Gesprächsbogens.

Es wird sicher Situationen geben, in denen die gemeinsame Identifikation eines Seminars für eine bestimmte Verbesserung des Leistungsverhaltens oder der Fachkenntnis zur Steigerung von Ergebnissen beitragen kann. In den meisten Fällen verknüpft der Mitarbeiter allerdings insgeheim Karrierewünsche an seine Entwicklung. Daher ist das Thema „Was bedeutet für den Mitarbeiter Weiterentwicklung und Karriere?“ für das Entwicklungsgespräch elementar.

Das Prinzip des Selbstentwicklers

Bei „reifen“ Mitarbeitern sollte sowieso das Prinzip des Selbstentwicklers zur Anwendung kommen. Als Experte für seine Aufgaben kann er am besten einschätzen, welche zusätzlichen Fähigkeiten zur Verbesserung des Ergebnisses führen oder die zukünftigen Veränderungen bewältigt werden können. Dazu braucht es ein gemeinsames Bild von der Zukunft und ein gemeinsames Verständnis der zukünftigen Herausforderungen. Unterbleiben derartige Gespräche, dann hat es die Führungskraft schwer, systematische Personalentwicklung zu betreiben.

Tipps für die erfolgreiche Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter:

Fördern Sie die Selbständigkeit Ihrer Mitarbeiter. Mitarbeiter, die eigenständig ihre Leistung erbringen und über die Unternehmensbelange gut informiert sind, sind in der Lage, die nächsten Schritte in der eigenen Entwicklung selbst zu definieren. Der Entwurf des Entwicklungsplans kommt vom Mitarbeiter.

Schärfen Sie die Zielsetzung. Was dient der Ergebnisverbesserung in der aktuellen Funktion? Was ist Förderung für die nächste Rolle? Und klären Sie die Erwartungshaltung ihres Mitarbeiters.

Bieten Sie Unterstützung an. Insbesondere bei den on-the-job-Maßnahmen haben Sie viele Möglichkeiten, von Feedback geben über Projektarbeit ermöglichen bis hin zu Jobenrichment.

Regelmäßige Review-Gespräche. Einmal im Jahr ist zu wenig. Nutzen Sie ihre regelmäßigen Mitarbeitergespräche zum gemeinsamen Betrachten der Entwicklungsmaßnahmen und steuern Sie ggf. gemeinsam nach.

Lassen Sie sich unterstützen. In ihrem HR-Business Partner und der zentralen PE-Funktion haben Sie kompetente Sparringspartner und Ratgeber für Ihre Mitarbeiterentwicklung.

Führungsaufgabe vs. HR-Aufgabe?

Nun stellt sich sicher die Frage, was macht die zentrale HR- oder PE-Funktion hierbei? Im HR-Selbstverständnis gibt es bei der Entwicklung von Mitarbeitern eine klare Aufgabenteilung: die Führungskraft verantwortet und gestaltet die Entwicklung des Mitarbeiters in der Funktion oder im Team. Die zentrale PE verantwortet die generelle Bereitstellung von Methoden zur Personalentwicklung – die Toolbox. Die PE qualifiziert und berät die Führungskräfte für ihre Entwicklungsaufgabe. Darüber hinaus verantwortet die PE regelmäßig die angewandten Analyseverfahren für Bewerber, Kompetenzmodelle, Potenzialidentifikation, Talentmanagement, Karrieremodelle, Förderprogramme für den Management-Nachwuchs, Leadership-Qualifikation und evtl. Beurteilungssysteme.

Entwicklungsorientierte Unternehmen gewinnen

Viele Studien zeigen, dass die Wünsche der Mitarbeiter nach Förderung und Karriere groß sind und oftmals den Wechsel des Arbeitgebers beflügeln. Die Friktionen sind vorprogrammiert, wenn die Erwartungshaltung des Mitarbeiters zur Förderung im Unternehmen auf eine unzureichende Resonanz oder die mangelnde Fähigkeit zur systematischen Mitarbeiterentwicklung stößt.