Sind Stellenbeschreibungen out?

31. August 2021

Stellenbeschreibungen werden oft als notwendiges Übel betrachtet und fallen daher oft als erstes unter den Tisch, wenn die HR-Ressourcen zu knapp bemessen sind. Zudem kommt in der gesamten Agilitätsdebatte manchmal der Eindruck auf, dass schriftlich festgelegte Aufgabenbeschreibungen nicht zum agilen Manifest passen und die angestrebte Flexibilität beeinträchtigen. Allenfalls um eine vakante Stelle zu besetzen macht man sich die Mühe, eine aussagekräftige Beschreibung der Aufgaben zu verfassen. Dabei sind Stellenbeschreibungen ein wichtiges HR-Instrument welches, richtig eingesetzt, enorme Vorteile für das Personalmanagement und für die Organisationsentwicklung, insbesondere auch in mittelständischen Unternehmen, bietet.

Was ist eine Stellenbeschreibung?

Vereinfacht ist die Stellenbeschreibung eine Zusammenfassung aller relevanten Job-Merkmale:

  • Job-Titel und Einordung in die jeweilige Job-Familie und Organisation
  • Eingruppierung in das interne Vergütungssystem
  • Zweck der Rolle
  • Beschreibung der Hauptaufgaben
  • Qualitative und quantitative Messgrößen des Jobs
  • Relevante Erfahrungen, Fähigkeiten und Kompetenzen

 

In manchen Unternehmen/Organisationen trifft man noch weitere Merkmale an:

  • Nebenaufgaben
  • Führungsmerkmale oder Weisungsbefugnisse
  • Einordnung in das Organigramm
  • Stellvertreter-Regelung

 

Meine Erfahrung ist, je einfacher und prägnanter die Stellenbeschreibung ausgestaltet ist, umso größer ist die Akzeptanz und der Nutzen.

Worin liegt der Nutzen von Stellenbeschreibungen?

Stellenbeschreibungen sind kein Selbstzweck. Sie haben für ein professionelles Personalmanagement eine hohe Bedeutung. Der Nutzen kann allgemein wie folgt beschrieben werden:

1. Was ist der Kern des Jobs, warum gibt es diesen Job? In der Beschreibung des Zwecks der Rolle wird der Nutzen, der Zusammenhang zur Strategie und zu den Zielen der Organisation deutlich. Das zwingt nicht nur den Stelleninhaber zum Nachdenken, sondern verlangt von der jeweils verantwortlichen Führungskraft der Organisation eine unternehmerisch ausgelegte Definition.

Hieraus lassen sich die Ziele oder Arbeitsschwerpunkte definieren, Prioritäten für selbständiges Handeln ableiten sowie Verantwortlichkeiten sauber abgrenzen.

2. Welche Kerntätigkeiten werden hauptsächlich geleistet? Die Hauptaufgaben beschreiben in mehreren Dimensionen die abverlangten Haupttätigkeiten. Hierbei sollte man auf die Ausformulierung von Nebenaufgaben weitgehend zu Gunsten der Prägnanz verzichten. Die verschiedenen Dimensionen sollten sich weitgehend an den internen Einstufungskriterien in das Vergütungssystem orientieren. Ein Beispiel für 5 Dimensionen könnte sein:

  • Unmittelbare Tätigkeiten der Wertschöpfung
  • Tätigkeiten in Bezug auf Kunden oder Lieferanten
  • Tätigkeiten in der Führung oder Zusammenarbeit im Team
  • Mitwirkung an Innovationen und Veränderungen
  • Gestaltung der Kommunikation (intern und extern)

 

Durch entsprechende Tätigkeitsformulierungen wird genau klar, was der Stelleninhaber konkret tut. Das ist eine enorme Hilfe für ein ggf. erforderliches Einstellungs- und Auswahlverfahren, aber auch für die Gestaltung der Einarbeitung in den Job. Ferner können daraus Maßnahmen für die Mitarbeiter-Entwicklung abgeleitet werden.

3. Die Messgrößen spiegeln den Grad an Verantwortung wider und bilden zusammen mit dem Zweck der Rolle die Grundlage für individuelle Zielvereinbarungen. Gleichzeitig ist es ein weiteres Kriterium, welches für die Einordnung in das Vergütungssystem benötigt wird.

4. Die Beschreibung der relevanten Erfahrungen, Fähigkeiten und Kompetenzen sind klare Merkmale für die Mitarbeiter-Auswahl und die Mitarbeiter-Entwicklung. Insbesondere wenn interne Mitarbeiter auf einen höherwertigen Job entwickelt werden sollen, ist es hilfreich, die Anforderungen klar benennen und die Entwicklung gezielt steuern zu können.

5. Werden in ein und derselben Job-Familie unterschiedliche Gehälter gezahlt, ist es nahezu unerlässlich, die Unterschiede nachvollziehbar zu beschreiben. Was macht den Senior-Controller gegenüber dem Professional-Controller aus und rechtfertigt einen Unterschied von 12% im Gehalt? Kann ein Unternehmen hierauf keine befriedigende Antwort geben, so verlieren Mitarbeiter das Vertrauen und die Leistungsbereitschaft nimmt ab.

6. In Zeiten von organisatorischen Veränderungen werden die Konsequenzen für die betroffenen Mitarbeiter klarer. Welche Implikationen hat die Umstrukturierung für die Rolle A, Rolle B oder Rolle C? Diese Kenntnisse sind für die Gestaltung des Changeprozesses enorm wichtig, geht es doch um den einzelnen Mitarbeiter und die Akzeptanz der Veränderung.

7. Einen Blick noch in Unternehmen, die in mehren Ländern organisiert sind. Bei den Anforderungen an die Loyalität der Mitarbeiter in internationalen Unternehmen ist es zwingend erforderlich, die Wertigkeiten der Jobs für eine angemessene Kompensation und glaubwürdige HR-Strategie sauber zu definieren. Das geht ohne Stellenbeschreibung und entsprechende Einordnung in die Job-Architektur des Unternehmens nicht.

Wie sollten Stellenbeschreibungen gemanagt werden? Meine Tipps:

Tipp 1: Geben Sie als HR die Spielregeln vor und unterstützen Sie die Führungskräfte durch gute Beispiele und Beratung.

Tipp 2: Wann immer möglich sollten bei vergleichbaren Aufgaben in Teams generische Profile erzeugt werden. Dabei sollten die Aufgabenbeschreibungen nicht zu eng formuliert werden.

Tipp 3: Aktualisieren Sie die Job-Profile bei passender Gelegenheit, z.B. bei Versetzungen, bei Gehaltsentscheidungen, bei Einstellungen, bei Beförderungen oder bei der Personalplanung. Eine stichtagsbezogene Aktualisierung verursacht größere Aufwände und Ablehnung.

Tipp 4: Nicht alles auf einmal. Sollten Sie sich dazu durchgerungen haben mit Jobprofilen zu arbeiten, beginnen Sie in den Bereichen in denen Handlungsbedarf besteht.

Tipp 5: Nutzen Sie digitale Verzeichnisse für eine einfache und transparente Administration.

Tipp 6: Achten Sie insbesondere bei den Profilen innerhalb einer Job-Familie darauf, dass sich die Vergütungsunterschiede nachvollziehen lassen.

Fazit

Stellenbeschreibungen oder Jobprofile sind für das Personalmanagement und für die Führung der Mitarbeiter eine wichtige Grundlage. Sie beschreiben den Wertbeitrag in der Organisation und beinhalten Tätigkeitsmerkmale für eine entwicklungsorientierte Führung. Sie sind die Grundlage für die Definition von Zielen, unterstützen die Definition der Vergütung und sind Grundlage für die Personalplanung. Damit zu arbeiten lohnt sich. Auch deshalb, da die Qualität des Personalmanagements für das Finden und Binden von Fachkräften eine entscheidende Rolle spielt um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.

Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg.

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